Harald-Alexander-Klimek, MFA
Maler, Zeichner, Graphiker, Collageur
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Harald-Alexander Klimek
Was soll man davon halten?
Tag und Nacht als simultane Wirklichkeiten, dazwischen kolportagehaft Flugobjekte und Wolkenkratzer, Blumen und Totenschädel,
eine Giftspitze links und ein Pinsel in der Hand eines amputierten Malers. Die detailreiche, extrem suggestive Collage mit dem Titel
„Time“, gemalt von Alexander Klimek 2006, zeigt all diese widerspenstigen Versatzstücke als Frontmotive des Time-Magazine –
und zwar einer fiktiven Ausgabe vom 20. August 1945. Zwangsläufig gerät man als Betrachter ins Grübeln: Was ist an diesem Tag
geschehen? Wo spielt sich das Ganze ab? Ist es real oder fiktiv? Der 20.08.45 war auf jeden Fall ein Sonntag, es war ein paar
Monate nach dem Ende des 2. Weltkriegs… Ein Stempel der New Yorker Freiheitsstatue konterkariert den mit einer Armprothese
ausgerüsteten Künstler. Reminiszenzen ans Exil, an Künstlerschicksale und die eigene Studienzeit Klimeks in Amerika - Momento
Mori und Selbstbefragung als kosmisches Ereignis.
Alexander Klimek ist ein Maler und Zeichner wie er nicht im Buche steht. Der gebürtige Frankenthaler lässt sich nicht so leicht in
ein Schema pressen. Vielmehr mäandert seine Kunst munter und subversiv durch alle Stile und Genres, um unser durch den
Mainstream geformtes Ästhetik-Empfinden ernsthaft und launig auf die Probe zu stellen. Bei allem Humor, aber auch gehörigem
Respekt vor den Errungenschaften der Kunstgeschichte zeichnet sich ein an vielfältigen Medien bedienendes Schaffensbild ab, das
den Betrachter in den Bann zieht, vor den Kopf stößt und mit seiner radikalen Phantasie, wohlklingenden Schrägheit und einem
vielschichtigen Witz für sich einnimmt.
In Klimeks Werken steckt eine demonstrative Abkehr von der avantgardistischen Idee künstlerischen Fortschritts. Dafür legt er
eine Freiheit, eine geradezu lustvoll-dreiste Unbekümmertheit im Umgang mit Formsprachen und Sujets an den Tag - er kombiniert
gegenständliche und abstrakte Malerei oder Elemente der Hochkunst mit Fragmenten der Populärkultur. Er ordnet sich dabei
keinem Maßstab unter, auch keinem Stil oder Geschmacksideal. Vielmehr zeigen die Leinwände Klimeks, seine Collagen,
kleinformatigen Zeichnungen und Grafiken eine versierte Mischung unterschiedlicher Stile.
Augenzwinkernd nimmt es Klimek so mit den großen Meistern auf. Ein entsprechendes Beispiel ist die „Karnevalsprinzessin“. Das
barock angelegte Portrait zeigt als Hüftstück eine Dame mit bleich-gelockter Chignon-Perücke in grünem Samtkleid, die sich bei
näherer Betrachtung als eine mit roter Clown-Nase und knochigen Gesichtszügen ausgestattete Fratze entpuppt. Die gleichwertige
Vermengung klassischer Porträtmalerei und Duchamp mit einer Brise Science Fiction beschreibt sehr passend die Vorgehensweise
von Alexander Klimek. Daraus entsteht sein eigener Kosmos als ein kaum durchdringliches, symbolträchtiges Deutungslabyrinth.
Auch sonst enthalten Klimeks Arbeiten viele Zitate und Bezüge, am häufigsten zur Kunstgeschichte, zu Goya und Delacroix,
Magritte und Duchamp, Max Ernst und Dada-Dix oder Robert Rauschenberg. Dabei befragt Klimek seine Ahnen ebenso respektvoll
wie nonchalant, indem er Details zitiert, Stile reproduziert, Motive sich einverleibt und im nächsten Moment gegen einander
ausspielt, quer durch die Geschichte und durch alle Epochen hindurch bis in die soziale Gegenwart. Zwangsläufig stehen sich in
seinem Repertoire so gegensätzliche Figuren wie Sponge Bob, Darth Vader, ein Einhorn oder die nackte Venus gegenüber. In einem
seiner Diptychen wird die Figur des gekreuzigten Christus zu einem stürzenden Ikarus, Delacroix´ berühmtes Gemälde „Die
Freiheit führt das Volk an“ wird ebenso adaptiert wie „Goyas Geister“ wieder aufleben.
Mit anderen Worten: Klimeks künstlerische Arbeit offenbart eine Formel, die Stil und Namen der Künstler gleichsetzt und das
Inventar explosionsartig von einem malerischen Bezugssystem zum anderen wechselt. Porträts, Landschaftsbilder, Stillleben, Pin-
up-Girls, aktuelle Schlagzeilen und Schlachtenszenen ordnet er zu metaphorischen Bildmontagen. Sei es Graphik, Malerei, Collage,
Photographie, Surrealismus, Pop Art, Art Brut, Karikatur, Illustration, Abstraktion. Ergänzt sei noch ein letztes Faktum: Bei
Alexander Klimeks kaleidoskopartigem künstlerischen Herangehen dominiert die Linie, die als Projektion von emotionalen und
gesellschaftlichen Spannungen, die Aktualität der Malerei in der Tradition als experimentelle Identitätssuche bezeugt.
Stefanie Patruno, M.A., Kunsthalle Mannheim
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